Lernfelder

Global Denken Lernen

Pädagogische Reaktionen auf die Globalisierung

Globales Lernen antwortet mit vielfältigen Perspektiven auf die pädagogische Frage, was und wie wir in Zukunft lernen wollen. Denn die Globalisierung fordert uns heraus – unser Denken, unsere Verantwortung, unser Handeln.

Die Globalisierung ist eine Herausforderung für unser Lernen: Unsere Lebens- und Erfahrungswelt verändert sich immer schneller. Doch die komplexen Zusammenhänge, in welche wir verstrickt sind, sind schwer zu verstehen und zu beurteilen. Den Umgang mit Vielfalt und Konflikten zu meistern ist Teil der Entwicklung zur Weltgesellschaft. Aber auch wenn die eigene Verantwortung schwierig wahrzunehmen ist, so ist es doch an uns, diese Welt aktiv zu gestalten.

Zwei Herausforderungen muss sich die Pädagogik stellen:

Einerseits muss sie selbst global denken lernen. Alle Ansätze des Globalen Lernens versuchen das Globale in den Blick zu nehmen und pädagogisch zu beantworten, was zu lernen ist. Dabei sind die Deutungen von Globalisierungsprozessen aber unterschiedlich, und die Bildungsziele und didaktischen Wege vielfältig.

Andererseits muss die Pädagogik anders handeln lernen. Wie müssen wir lernen, um unsere Zukunft selbst gestalten zu können? So erfordern neue Themen andere Lerngegenstände. Vor allem aber sind neue Lernformen gefordert, welche Fernes näherbringen, Vielfalt erfahrbar machen und Fremdes begreifen lassen.

Gemeinsam vermitteln die folgenden Lernfelder dieser Ausstellung einen pädagogischen Blick auf die Globalisierung. Exemplarisch verdeutlichen die Lernstationen praktische Wege der Umsetzung von Globalem Lernen.

1. Globalisierung

Die Welt erfahren und verstehen

Globalisierung beschreibt eine zunehmende Verflechtung von Lebensbereichen und Nah und Fern. Leben im Zeitalter der Globalisierung erfordert es diese Zusammenhänge begreifen zu lernen.

Wirft man einen Blick zurück, was unser heutiges Leben von vergangenen Jahrhunderten unterscheidet, haben sich Grenzen aufgelöst: Distanzen überwindende Flugreisen anstelle von Kutschfahrten, sekundenschnelle Mails anstelle von Briefen, weitreichende Weltpolitik anstelle von Dorfpolitik. Die Welt ist näher zusammen gerückt und unser Entwicklungsprozess zur Weltgemeinschaft ist eine Tatsache.

Das bedeutet für den Mensch, dass sein Leben unzählbaren Einflüssen aus Kommunikation, Wirtschaft, Technik und dem Weltgeschehen unterliegt. Folglich ist sein Wissen und Handeln schnell überholt. Ereignisse an einem Ort werden durch komplexe Vorgänge an einem entfernten Ort beeinflusst. Trotzdem ist unser Lernen aber durch gewohnte Denkmuster, Erfahrungen im lokalen Alltag und die Wahrnehmung einfacher Zusammenhänge beschränkt.

Daraus ergeben sich Aufgaben für die Pädagogik: Interesse für die globalen Zusammenhänge wecken. Das abstrakte Netz von politischen, wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Abhängigkeiten erfahrbar machen. Komplexe Globalisierungs- und Entwicklungsprozesse kritisch analysieren. Unterschiedliche Handlungsebenen, von Individuum bis Weltpolitik, in ihrer Funktion verstehen. Die eigene Verantwortung wahrnehmen und Handlungsfähigkeit erwerben.

2. Gerechtigkeit

Bewerten und Gestalten

Es gibt Menschen, die im Überfluss leben. Nahrungsmittel, die noch essbar sind, werden weggeworfen. Trotzdem leiden andere Menschen Hunger. Lebenschancen sind ungleich verteilt. Wie können wir die Welt gerechter gestalten?

Versucht man die Welt zu bewerten, so ist Gerechtigkeit ein mögliches Motiv. Maßstab ist dann beispielsweise die gerechte Verteilung von Ressourcen oder Lebenschancen. Auch nachfolgende Generationen sollen die Möglichkeit bekommen unter denselben Bedingungen und mit ähnlichen Chancen zu leben. Global betrachtet gibt es aber noch keine solidarische oder nachhaltige Gestaltung von Entwicklung.

Für jeden Einzelnen bedeutet das zunächst die grundlegende Bedeutung von Werten, Normen und ethischen Grundsätzen für das eigene Denken zu erfahren und einen Sinn für Gerechtigkeit zu entwickeln. Durch die Auseinandersetzung mit globalen Problemstellungen kann dann der Wille entstehen, sich für eine faire Gestaltung von Entwicklung einzusetzen – jenseits von Eigennutz, Familie, Nation oder der komfortablen Lebensweise einer Gesellschaft zu Lasten anderer Regionen.

Aber nach ethischen Prinzipien handeln zu können ist ein schwieriger Bildungsprozess. Gerechtigkeit als Maßstab des sozialen Miteinanders in der Einen Welt zu begreifen ist nicht selbstverständlich. Sich für globale Gerechtigkeit, also die Interessen anderer, einzusetzen erfordert Mut. Und wie eine gerechte Welt zu gestalten ist, kann nicht ohne weiteres entschieden werden: Führt faires Handeln in einer ungerechten Welt zu mehr Gerechtigkeit?

3. Postkolonialismus

We are here because you were there

Koloniale Herrschaftsverhältnisse haben die Welt in der Vergangenheit geprägt. Unsere gemeinsame Gegenwart und Zukunft sind das Ergebnis der Kolonisierung und dieser Erfahrung. Was nun?

Die globale Geschichte ist eine Erzählung der Ausbeutung von Menschen, Ressourcen und Umwelt. Die prekäre Gegenwart Afrikas lässt sich nicht ohne den Blick auf seine koloniale Vergangenheit verstehen. In dieser Zeit wurden Weltbilder und Herrschaftsstrukturen geprägt, die heute in anderem Gewand munter weiter wirken. Bin ich mir meiner Vergangenheit bewusst? Wie soll eine gemeinsame Zukunft aussehen?

Diese Auseinandersetzung mit Postkolonialismus eröffnet Raum zur Kritik und Möglichkeit zur Analyse von aktuellen, aber kolonial und imperial geprägten Denkstrukturen, Sprachmustern und ökonomischen Machverhältnissen. Die Perspektive Postkolonialismus beschäftigt sich nicht mit etwas abgeschlossenem, sondern betrachtet koloniale Erfahrungen, deren Auswirkungen fortbestehen.

Der gemeinsame Blick durch das postkoloniale Prisma soll zum Erkennen und Verstehen aktueller Prozesse in all ihrer Vielschichtigkeit beitragen, zur Reflexion dieser Prozesse einladen und mit den gewohnten, festen Bildern von sich „Selbst“ und dem „Anderen“ brechen. Das Rad der Geschichte lässt sich nicht zurück drehen. Postkoloniale Bildungsarbeit ruft aber dazu auf, die Geschichte der Kolonisierung zu teilen, an ihr Anteil zu nehmen und Verantwortung für die eigene Rolle zu übernehmen.

4. Stereotype

Wirkung, Bewusstsein und Umgang

Das Bewusstsein um die Existenz, Formen und Wirkungen von Stereotypen in unserem Alltag ist die Voraussetzung für einen respektvollen Umgang mit anderen Kulturen sowie ein friedliches Zusammenleben.

Denken Sie an jemanden, der Jazzmusik macht! Sollten Sie an einen schwarzen Mann gedacht haben, haben Sie eine stereotypisierte Vorstellung von Jazzmusikern. Dies ist ein Beispiel, wie unser Alltag von Stereotypen geprägt ist. Deren wichtigste Funktion ist es, die Komplexität unserer Umwelt durch Kategorisierungsprozesse zu vereinfachen. So gelingt es uns, sich in fremden Situationen schneller zu orientieren und Verknüpfungen zu bekannten Sachverhalten herzustellen.

Zugleich liegt in diesem Vorgang aber auch immer eine Fehlerquelle. Durch Verallgemeinerung, und Vereinfachung und aufgrund fehlerhafter Zuordnung können Vorurteile entstehen. Indem Stereotype fremde Kulturen auf wenige Merkmale reduzieren, können sie zur Verschärfung der Gewalt in Form von Fremdenfeindlichkeit, Diskriminierung und Rassismus führen. Interkulturelle Begegnungen können aber auch zur Sensibilisierung gegenüber anderen Kulturen und einem tieferen und differenzierteren Verständnis für andere Nationalitäten führen.

Stereotype lassen sich einerseits verändern bzw. relativieren. Zum anderen spielt die Reflexion des eigenen Denkens mit Stereotypen, der damit verbundenen Probleme und damit einer differenzierteren Kategorisierung eine sehr wichtige Rolle für den respektvollen Umgangs mit anderen Kulturen.

5. Allgemeinbildung

Auseinandersetzung mit globalen Problemen

Globale Entwicklung erfordert die Bewältigung neuer Herausforderungen. Bildung in unserer Zeit erfolgt durch die Auseinandersetzung mit den Schlüsselproblemen der globalisierten Welt.

Globale Herausforderungen durch Umweltgefährdung, Finanzkrisen oder das Ringen um eine Weltordnung werden uns täglich medial vermittelt. Diese Probleme unserer Zeit zu begreifen stellt eine neue Anforderungen an unser Denken und erfordert eine globale Allgemeinbildung.

Die Idee der Bildung kann als ,Aneignung von Welt‘ verstanden werden − als abstraktes Abbild in uns. Sich zu bilden erfordert zunächst eine umfassende und verständnisorientierte Beschäftigung mit der Welt. Davon ausgehend erarbeitet sich der Lernende einen geordneten Zusammenhang seines Wissens und seiner Erfahrungen.

Sich global zu bilden heißt, sich mit der gesamten Welt zu befassen. Doch sie ist zu vielfältig und zu groß, als dass wir sie als Wissen erfassen können. Um sie zu verstehen, ist daher die Fokussierung auf Schlüsselprobleme unverzichtbar. Gelingt es dem Lernenden sein Wissen und seine Erfahrung in Auseinandersetzung mit den grundlegenden Problemen in einen Zusammenhang zu setzen, bildet er ein angemessenes Weltbild aus.

Somit sollten dem Lernenden die fundamentalen Themen und die globalen Probleme als Lerngegenstand angeboten werden. Spezifische Kenntnisse oder umfangreiches Wissen allein reichen nicht aus, um die Welt im Zusammenhang zu verstehen. Erst dies ermöglicht weltpolitische Verantwortung und Partizipation.

6. Weltbürger

Die Welt als Bühne der Menschheit

Weltbürger_zugeschnittenWenn sich Grenzen auflösen, der Staat seine hervorgehobene Stellung verliert und wichtige Entscheidungen jenseits nationaler Institutionen getroffen werden, dann ist weltpolitische Verantwortungsübernahme unumgänglich.

Die Globalisierung ist ein entmündigender Prozess: Wichtige Entscheidungen werden an fernen Orten getroffen. Nicht-staatliche Akteure bestimmen wirtschaftliche Entwicklungen. Entscheidende politische Akteure sind zwischen- oder überstaatliche Institutionen. Weltpolitik ereignet sich fern ab von demokratischer Beteiligung. Die globale Zivilgesellschaft ringt mit Distanzen und tragfähigen Organisationsformen.

Doch ein Ziel politischer Bildung ist die Befähigung zum mündigen Bürger. Als Angehöriger einer Gemeinschaft hat er Rechte, aber zugleich auch die Aufgabe zur politischen Mitbestimmung. Bürger sein heißt, als denkfähige, solidaritäts- und mitbestimmungsfähige Person, Verantwortung in der Gemeinschaft zu übernehmen.

Bei der Erziehung zum Weltbürger wird der nationale Horizont verlassen. Wir müssen von der passiven Rolle des Zuschauers in die aktive Rolle des Akteurs der Globalisierung übergehen. Daher ist es wichtig, unseren Interessenhorizont als weltpolitische Perspektive zu erweitern und unser kritisches internationales Problembewusstsein zu schärfen. Die moralische Verantwortung des Einzelnen für die globale Gemeinschaft und die nächsten Generationen auf unserer Erde zu erkennen ist von großer Bedeutung. Zunächst gilt es aber, für mehr weltpolitische Partizipationsmöglichkeiten einzutreten.

Globale Herausforderungen durch Umweltgefährdung, Finanzkrisen oder das Ringen um eine Weltordnung werden uns täglich medial vermittelt. Diese Probleme unserer Zeit zu begreifen stellt eine neue Anforderungen an unser Denken und erfordert eine globale Allgemeinbildung.

7. Vielfalt

Umgang mit Gleichheit und Differenz

Vielfalt unter Menschen, innerhalb einer Kultur und zwischen verschiedenen Kulturen, ist das was uns eint. Diese Vielfalt mit allen Sinnen zu erfahren ist der Grund für Bildung und Entwicklung.

Wir leben in einer bunten Welt. Die Zeit hat viele Kulturen und vielfältigste Lebensweisen hervorgebracht. Und jenseits gleicher oder verschiedener kultureller Einflüsse sind wir zum einen alle Menschen, zum anderen aber besondere Individuen.

Auch eine zunehmende Vernetzung und Verstrickung in der Globalisierung bedeutet nicht, dass alle gleich sind – im Gegenteil. Die Herausforderung besteht darin, die Vielfalt weiterhin wahrzunehmen, gleichberechtigt anzuerkennen und zugleich das Gemeinsame zu entdecken. Letztlich begegnet uns die Vielfalt mit allen Sinnen. Der Umgang mit dem Fremden erfordert ein tieferes und intensiveres Verständnis für den Anderen – nur der Wille fehlt oft.

Ohne Frage aber ist Vielfalt die Ressource für individuelle Bildung und globale Entwicklung. Der Umgang mit Fremdem regt zum Lernen voneinander an, bedingt den Perspektivenwechsel, fordert die Selbstreflexion heraus und lädt zum Überdenken der eigenen Maßstäbe ein. Somit sollten wir die Perspektive ausbilden, dass Vielfalt ein Schatz ist, den es zu erkennen und zu wahren gilt. Sie begegnet uns tagtäglich im Umgang mit jedem anderen Menschen. Worin wir uns alle gleich sind, ist unsere vielfältige Unterschiedlichkeit. Gemeinsam sind wir Teil einer Entwicklung.

8. Menschenrechte

Universelle Regeln und Rechte verteidigen

„Das Deutsche Volk bekennt sich (…) zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.“ (Art.1§2; GG).

Dieser Paragraph ist das Ergebnis der Entwicklung der Menschenrechte von der Antike über die Aufklärung bis in die Gegenwart. Zugrunde liegt diesen unveräußerlichen Rechten die Idee der uneingeschränkten Gleichheit aller Menschen, als Voraussetzung für eine bessere Welt.

Diese Rechte als allgemeingültige Verhaltensregeln um- und durchzusetzen ist ein Leitbild globaler Entwicklung. Demnach ist die Aufgabe, nicht nur das Wissen um die eigenen Rechte zu vermitteln, sondern auch auf das Problem der Durchsetzung der Menschenrechte in der ganzen Welt aufmerksam zu machen. In Krisengebieten schärft man bei der Bevölkerung den Blick für deren Rechte, doch auch im normalen Alltag sind diese Rechte oft nicht umgesetzt. Darüber hinaus ist es Aufgabe aller, für die Idee universeller Rechte einzustehen!

„An den kleinen Plätzen, nahe dem eigenen Heim […] Das sind die Plätze, wo jeder Mann, jede Frau und jedes Kind gleiche Rechte, gleiche Chancen und gleiche Würde ohne Diskriminierung sucht. So lange diese Rechte dort keine Geltung haben, sind sie auch woanders nicht von Bedeutung. Wenn die betroffenen Bürger nicht selbst aktiv werden, um diese Rechte in ihrem persönlichen Umfeld zu schützen, werden wir vergeblich nach Fortschritten in der weiteren Welt suchen.“ (Eleonore Roosevelt)

9. Konflikte

Verstehen lernen und neue Wege gehen

Konflikte umgeben uns überall – im Alltag und auf internationaler Ebene. Es sind Chancen für Veränderung. Aber miteinander über unser Zusammenleben zu streiten, ohne das Lösungsmuster der Gewalt, will gelernt sein.

Wie kann ich zum Frieden erziehen in einer friedlosen Welt? Konflikte sind im Zusammenleben zwischen Menschen alltäglich. Sie machen auf Probleme aufmerksam und ermöglichen es, Lösungsansätze zu finden. Es ist wichtig Frieden nicht als völlig harmonische Welt zu begreifen, sondern als Prozess abnehmender Gewalt und zunehmender Gerechtigkeit. Dazu möchte die Friedenspädagogik beitragen.

Denken wir an gewaltvolle Konfliktlösung, so denken wir häufig an Krieg, an brutalste Konfrontationen zwischen Staaten oder Menschengruppen. Gewalt aber beginnt im Kleinen, z.B. in Form einer Beleidigung. Sich dafür zu sensibilisieren, sie wahr-, aber nicht hinzunehmen, sollte das Ziel friedenspädagogischer Bemühungen sein.

Was kann Ich tun? Zunächst ist es notwendig, die Prinzipien für eine konstruktive Konfliktaustragung zu kennen und deren Anwendung auszuprobieren: Achtung der Person, Betonung der Gemeinsamkeiten und Anerkennung der Unterschiede und von beiden Parteien akzeptierte Lösungen finden.

Wie löse ich Konflikte? Friedenserziehung darf sich nicht auf den kognitiven Bereich beschränken, sondern muss Anleitung zum Handeln geben. Wenn wir gelernt haben unsere zwischenmenschlichen Konflikte friedlich zu lösen, entsteht auch für die gesellschaftliche und internationale Ebene ein neues Handlungsspektrum.

10. Lebensstil

Consumo, ergo sum

Individuelle Handlungen sind der Grundstein unserer Welt. Hier und jetzt gibt es die Möglichkeit, persönlich Verantwortung zu übernehmen. Wir müssen Handlungsperspektiven erkennen und gewohnte Handlungsmuster ändern.

Nahezu jeder alltägliche Verbrauchsgegenstand steht mit dem globalen Handel und dem weltweiten Transport dieser Waren in Verbindung. Dadurch sind wir Teil eines Wirtschaftssystems, welches auf Konsum und Wachstum setzt – jenseits von Vernunft. So steigt der Energieverbrauch trotz Klimawandel und endliche Ressourcen werden weiter ausgebeutet.

Viele dieser Zusammenhänge entziehen sich unserem Wissen und unserer täglichen Erfahrung. So konsumieren wir beispielsweise Wasser größtenteils virtuell, indem es zur Herstellung unserer Luxusartikel und Lebensmittel an anderen Orten endgültig verbraucht wird oder anderen fehlt. Über den persönlichen Konsum haben wir aber auch Einfluss auf die Gestaltung der Welt. Konsum erfüllt mehr als nur die Befriedigung der Bedürfnisse. Er ist längst Ausdruck einer individuellen Lebensführung geworden.

Die Idee des bewussten Konsums beruht auf der Annahme, vernünftig und verantwortungsbewusst entscheiden und handeln zu können. Zunächst müssen wir die Tragweite unseres täglichen Lebensstils erkennen. Die pädagogische Herausforderung besteht dann darin, Handlungsspielräume erfahrbar zu machen und neue Handlungsformen statt alter Gewohnheiten zu vermitteln. Wer angesichts der globalen Probleme bewusst seinen Alltag gestaltet drückt vor allem eines aus: Verantwortung.

11. Handeln

Eine komplexe und ungewisse Welt gestalten lernen

Die Zusammenhänge, in welche wir verstrickt sind, sind vielschichtig, und Handlungen haben ungewisse Folgen. Aber Nicht-Handeln ist keine Option. Wir können lernen Probleme zu lösen und Handlungsperspektiven zu entwickeln.

Leben in der Globalisierung ist eine doppelte Herausforderung für unser Handeln.

Zum einen mangelt es an demokratischen Beteiligungsmöglichkeiten an der Weltordnung und ein übermächtiges Wirtschaftssystem scheint fern jeder Steuerungsmöglichkeit. Alternative Zukunftsvisionen sind rar und deren Realisierung unklar.

Zum anderen ist es schwierig, globale Zukunftsfragen jenseits der drängenden Alltagssorgen im Blick zu behalten. Entscheidungen zu treffen, angesichts der neuen Qualität und Dilemmata einer Klima- oder Wirtschaftskrise, erfordert ein problemlösendes Denken. Widersprüchliche Perspektiven und (Aus)Wirkungen sind dabei auszuhalten. Sonst droht die Gefahr, sich rein auf das Private oder die individuellen Ziele zu beschränken oder zu Schwarz-weiß-Deutungen oder radikalen Positionen zu neigen.

Aber wir können den Umgang mit Komplexität und Unsicherheit lernen. Neben einem intensiveren Verständnis der Problemlagen, benötigen wir mehr Strukturprinzipien zur Orientierung in verschiedensten Situationen und die Fähigkeit, sich selbst und eigene Entscheidungen zu organisieren. Neben der höheren Eigenkomplexität und einem größeren Repertoire an Handlungsformen, müssen wir Gestaltungskompetenz erwerben. Das heißt, selbständig aktiv werden, gemeinsam handeln können und neue Handlungsräume entdecken.