Buko Seminar – Globales Lernen & Postkolonialität: Die brasilianische Landlosenbewegung (MST) als besonderer Bildungsraum

By | September 20, 2011
Ein BUKO_BiEmer_innen-Seminar aus der Reihe:
Globales Lernen & Postkolonialität – emanzipatorische Bildung im globalen Süden
23.09. – 25.09.2011 – Dortmund, Langer August
Referent: Benjamin Bunk

„Ein Bauer braucht keine Bildung!“, so zumindest die vorherrschende Mei-nung gegen die brasilianische Movimento dos Sem Terra (MST). Sie entwi-ckelt seit 25 Jahren eigene Konzepte des Lehrens und Lernens und betreibt an die 3000 Schulen. Unter anderem technische Fort- und Ausbildungszent-ren und seit neuestem die „Escola Nacional Florestan Fernandes“ für Fortbil-dungen und Ausbildungsgänge in Kooperation mit öffentlichen Universitä-ten. Die Landlosenbewegung entwickelt pädagogische Konzeptionen, wie die „educação no campo“ (ländliche Bildung) und betreibt vielerorts Schu-len; bis hin zu universitären Studiengängen. Dabei greifen die Bewegungen auf pädagogische Theorien und Konzepte von Paulo Freire bis zur Befrei-ungstheologie zurück. Dabei geht es nicht nur um die Alphabetisierung der Landbevölkerung, sondern auch darum, Werte wie Emanzipation zu verbrei-ten und Lehrpläne zu entwickeln, durch die sich Arbeit, Familie und Ausbil-dung vereinbaren lassen. Zugrunde liegt dieser Bildungsarbeit ein Verständ-nis von Politik, welche die Menschen in die Lage versetzen möchte, ihr Le-ben selbstbestimmt gestalten zu können.

Die MST vertritt moderne Konzepte der Schulorganisation und des Unter-richts, die an reformpädagogische Debatten hierzulande erinnern. Zudem kommt in ihren Ansätzen ein erweitertes Bildungsverständnis zum Tragen, das besondere Aufmerksamkeit auf außerschulische Lernprozessen – und deren Reflexion in Familie, Bewegung und Gesellschaft – legt. Auf diese Weise wird Gesellschaft und gesellschaftlicher Wandel grundsätzlich mitge-dacht. Es handelt sich um ein Bildungskonzept, welches versucht, die aktuel-len Herausforderungen – wie die Globalisierung der Agrarpolitik und den Klimawandel – aufzugreifen und pädagogische Antworten zu geben. Sowohl auf abstrakte gesellschaftliche Entwicklungsprozesse, als auch auf Heraus-forderungen eines existenziell bedrohten Alltags auf dem Land.

In bildungstheoretischer und postkolonialer Perspektive wollen wir uns mit der brasilianischen Landlosenbewegung „Movimento dos sem Terra“ (MST) beschäftigen. Betrachtet man die sozialen Bewegungen als Bildungsraum, so schärft dies den Blick auf die Organisationsstrukturen, Rituale und Hand-lungsformen, aber auch ideologische Deutungsmuster der MST.

 

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